Natur und Landschaft

Wiese im Genfbachtal
Wiese im Genfbachtal

Enzian und Klappertopf, Schlingnatter und Waldteufel

Die vielfältige und abwechslungsreiche Landschaft Nettersheims gehört naturräumlich zur Kalkeifel. Besonders markant und prägend für diese Landschaft sind die Bachtäler, die sich tief in das Grundgestein eingeschnitten haben und teilweise steile, felsige Hänge heraus modelliert haben. Da das Oberflächenwasser durch das klüftige Kalkgestein leicht versickert, sind Trockentäler ein typisches Landschaftselement der Kalkeifel.

Der geologische Untergrund (Kalksteine, Dolomite, Grauwacken und Schiefer), die hieraus entstandenen Böden (Rendzinen, Ranker, Braunerden, Gleye und Pseudogleye), das subatlantisch-atlantische Klima (Jahresmitteltemperatur: 8°C, Niederschläge zwischen 700 und 750 mm/Jahr) aber auch der Einfluss des Menschen sind maßgebliche Faktoren, die die reiche Pflanzen- und Tierwelt dieser Region bedingen.

Die Urlandschaft vor ca. 7000 Jahren kann als ein mehr oder weniger geschlossenes Laubwaldsystem betrachtet werden. Seit dem Aufkommen von Ackerbau und Viehzucht in der Jungsteinzeit erfuhr diese Landschaft einen grundlegenden Wandel durch die menschliche Bewirtschaftung. So entwickelte sich über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg die Kulturlandschaft als neuer Landschaftstyp. Es gingen mit der Landnutzung durch den Menschen die Entstehung einer großen Lebensraumvielfalt und eines großen Artenzuwachs einher.

Orchideen im Gillesbachtal
Orchideen im Gillesbachtal

Lebensräume

Die reich gegliederte Kulturlandschaft Eifel ist mit ihren Wäldern, Wiesen, Weiden, Äckern, Heiden, Trockenrasen, naturnahen Bachläufen, Feuchtwiesen, Sümpfen, und anderen Biotopen nicht weniger reizvoll als die Naturlandschaft.
Rund 40% des Gemeindegebietes sind bewaldet, wobei der Anteil der Laubholzbestände in den letzen Jahren gegenüber den Nadelholzformationen deutlich vermehrt werden konnte. Etwa die Hälfte des Gemeindegebietes wird von landwirtschaftlichen Nutzflächen eingenommen. Dabei entfallen etwa zwei Drittel auf Grünland und ein Drittel auf Ackerflächen.

Besonders wertvoll sind die vielgestaltigen und naturnahen Auenlandschaften von Urft, Genfbach, Wespelbach, Erft, Quartbach und Gillesbach. Ein reich und vielfältig miteinander verzahntes Mosaik verschiedener Pflanzengesellschaften bietet zahlreichen Pflanzen- und Tierarten Lebensraum. Solche Auenlandschaften sind als Refugien und Regenerationszentren für die Pflanzen- und Tierwelt von ganz erheblicher Bedeutung.

Die Hänge und Täler in südlicher Exposition begünstigen aufgrund ihrer Wärme und Trockenheit die wärmeliebende Flora und Fauna der Trockenrasen, die sogenannten Kalktriften. Auf den Rendzinaböden entstanden durch die Bewirtschaftung über Jahrhunderte hinweg Lebensgemeinschaften, von denen heute viele Arten vom Aussterben bedroht sind. Hierbei handelt es sich vorwiegend um submediterrane Arten, die erst nach der Eiszeit, also während der letzten 10 000 Jahre eingewandert sind, z.B. viele Orchideen- und Enzianarten.

Pflanzen

Mit rund 800 verschiedenen Farn- und Blütenpflanzen im Gemeindegebiet zählt diese Region zu den artenreichsten Gebieten in ganz Nordrhein-Westfalen. Die Florenliste enthält auch eine Vielzahl von Arten, die ansonsten im Mittelmeerraum, den südostasiatischen Steppen oder im milden atlantischen Klimaraum beheimatet sind. Der Nettersheimer Raum stellt für viele Arten, die landesweit gefährdet bzw. schon vom Aussterben bedroht sind, ein Refugium dar. Nahezu jede fünfte Art befindet sich bereits in der "Roten Liste der in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen". Zu den geschützten Pflanzen zählen beispielsweise alleine 30 Orchideenarten, von denen einzelne nicht nur zahlreiche Wuchsorte besitzen, sondern auch in größeren Populationen auftreten.

Waldteufel
Waldteufel
Eisvogel
Eisvogel

Tiere

Die große Lebensraumvielfalt und ihre mosaikartige Verzahnung bedingen nicht nur ein artenreiches Pflanzenkleid, sondern sind gleichzeitig Grundlage für das Vorkommen einer reichhaltigen Tierwelt. Die Tiergruppen, zu denen genauere Untersuchungen vorliegen, lassen auf die besondere Bedeutung des Gebietes aus faunistischer Sicht schließen. Leider liegen hierzu keine umfassenden gebietsübergreifenden Untersuchungen vor.

Schon die Wirbeltierfauna und hier speziell die Vogelwelt wartet mit einigen Überraschungen auf. Sowohl typische Wiesenbrüter wie Braunkehlchen und Wiesenpieper aber auch Wachtel, Schwarzkehlchen und Neuntöter kommen an mehreren Stellen vor, bzw. sind im Gebiet weit verbreitet. In den Wäldern leben u. a. Schwarz, Grün- und Grauspecht. Selbst Schwarzstorch und Uhu sind noch, bzw. wieder im Gebiet zu beobachten. An den Bachläufen sind Eisvogel, Wasseramsel und Gebirgsstelze überall nachzuweisen.

Die Herpetofauna (Gesamtheit der Amphibien- & Reptilienarten der Region) ist aufgrund der Höhenlage des Gebietes übersichtlich, aber mit den Vorkommen von der Geburtshelferkröte und der Schlingnatter bemerkenswert.

Die verschiedenen Höhlen, Stollen und Bunker im Gemeindegebiet dienen mehreren Fledermausarten als Unterschlupf. U. a. konnten auch die seltene Fransen- und Zweifarb-Fledermaus nachgewiesen werden. Auch Mausohr, Abendsegler und Braunes und Graues Langohr leben in der Gemeinde Nettersheim.

Das auffälligste und größte Säugetier unserer Region ist der Rothirsch, der auch in Nettersheim als Standwild lebt. Seltener zu beobachten ist die Wildkatze. Auch Dachs und Waschbär sind in unserem Gebiet verbreitet.

Besonders artenreich ist natürlich die Insektenwelt. So konnten im Urfttal alleine 60 verschiedene Tagfalter- und Widderchenarten festgestellt werden. Dies ist das zweitgrößte Artenvorkommen von ganz Nordrhein-Westfalen. Unter diesen Schmetterlingen befindet sich darüber hinaus eine Art, die im Urfttal ihren letzten Flugort im Rheinland besitzt, der Waldteufel.

Untersuchungen der Käfer, Libellen, Haut- und Zweiflügler haben ebenfalls unerwartet hohe Artenzahlen erbracht. Bei einer Zweiflügleruntersuchung im Genfbachtal wurden sogar zwei Vertreter aus der Familie der Blumenfliegen gefunden, die den Wissenschaftlern bislang noch nicht bekannt waren.

Geflecktes Knabenkraut mit Blutströpfchen. Bild: W. Düx
Geflecktes Knabenkraut mit Blutströpfchen

Naturkundliche Öffentlichkeitsarbeit

In den musealen Einrichtungen des Naturzentrums Eifel

werden die naturkundlichen Besonderheiten eindrucksvoll dargestellt und erläutert. In hierzu angebotenen Veranstaltungen, z.B. "Was krabbelt denn da?", werden Besuchern die Artenvielfalt und biologische Phänomene nahe gebracht.

Nettersheim ist "Biodiversitaetskommune 2011".